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Christopherus ist ein Ersatz für den Donar

Tom Bombadil

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28. Dezember 2007
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Christophorus ("Christusträger" soll in Kanaan geboren worden sein, um 250 soll er ein Martyrium erlitten haben. Sein ursprünglicher Name soll Reprobus oder Offerus gelautet haben.

Die bekannte Legende des heiligen Christophorus stammt aus dem 12. Jh., also aus viel späterer Zeit, und ist ganz bewußt an Mythen von Donar angelehnt, der Heilige selbst war aber in Frankreich schon im 9. Jh. bekannt. Nach dieser Legende ist er ein neun Ellen großer Riese mit rotem Haar. Es heißt:

Christophorus hatte sich in vielen Schlachten großen Ruhm erworben. Im Hochgefühl seiner Kraft und im Stolze auf seinen Heldenruhm wollte er nur dem mächtigsten Herrn auf Erden dienstbar sein. Gewaffnet zog er von Land zu Land, einen Fürsten zu suchen, der sich vor niemandem fürchte. Er fand keinen, denn alle Könige und Kaiser fürchteten sich, wo nicht vor den Menschen, so doch vor den bösen Geistern. Deshalb ergab er sich dem Satan, dem Fürsten dieser Welt. Als er aber einmal bemerkte, daß auch der Satan vor einem hölzernen Kreuze, welches am Wege stand, zitternd floh, verließ er dessen Dienst und suchte den König, der zum Wappenzeichen das Kreuz habe.

Hier finden wir schon Hinweise auf Donar, denn Er ist der Stärkste aller Götter und reist durch die Welten, um Seine Kraft mit den Riesen zu messen. Aber alle besiegt Er. Er kam auch einmal zu Utgardloki, der in Wettkämpfen als stärker erschien, als der Donnergott und seine Begleiter. Dieser Utgardloki entspricht dem Satan in der Christophorus-Legende, und im Mythos erfährt Donar, daß Utgardloki gar nicht so stark ist, wie es erst schien. In der Legende erfährt Christophorus, daß der Satan auch Angst vor einem Kreuze hat. Übrigens: Das am Wege stehende Holzkreuz der Christophorus-Legende ist ein eindeutiges Zeichen für das junge Alter der Geschichte. Das Kreuz als Zeichen des Christentums kam erst ab dem 4. Jh. auf, zuvor war der Fisch deren Zeichen, auch zur Lebzeit des "historischen" Christophorus. Aber das Kreuz ist auch das Hamarsmark des Donnergottes. Darum sucht Christophorus danach.

Bald kam Christophorus zu einem Einsiedler, der ihn bekehrte. Hocherfreut fragte Christophorus, wie er denn seinem Herrn und Erlöser dienen könnte. Der Einsiedler sagte: "Übe dich fleißig im Fasten, Beten und Betrachten". "Das Fasten erträgt mein Körper nicht, auch zum Beten und Betrachten hab' ich kein Geschick".

Das paßt sehr gut zum Donnergott, wie wir Ihn z. B. im Eddalied Thrymsqvida beschrieben finden, wo Er so unmäßig ißt und trinkt. Donar ist der handfeste Gott der Landleute, der auch mit Beten (=Bitten) und Betrachten (=Meditieren) wenig anfangen will.

Der Einsiedler riet ihm: "Wohlan, so diene Christo durch leibliche Werke der Barmherzigkeit. Sieh, dort ist ein Fluß ohne Brücke, den viele Leute durchwaten, der hat schon manches Menschenleben gekostet. Trage nun du die Leute hin- und herüber". Christophorus legte die Waffen ab und that den Dienst opferwillig bei Tag und Nacht.

Hier finden wir nun wiederum den Donnergott im Zusammenhang mit einem Fluß (in den Legenden ist es der Jordan). Wir kennen die Erzählungen, wonach die Götter über die Himmelsbrücke zu Ihrer Thingstätte reiten, während Thórr durch Flüsse watet, weil die Ásenbrücke in Lohe steht. Es heißt in den Grimnismál, daß diese Flüsse Körmt und Örmt heißen. Auch in der Erzählung von Thórs Fahrt zu Geirrodr watet Thórr durch einen Fluß, der Vimur heißt, und der von einer Riesin "gemacht" wurde. In den Harbardsljód dagegen verlangt Thórr, von Ódinn über den Fluß gebracht zu werden. Aber der Fluß ist der Totenfluß, Ódinn ist hier Totenschiffer und weigert sich, den ganz diesseitigen Donnergott hinüber zu holen. Das paßt zur Christophorus-Legende, wonach der Fluß schon vielen Menschen das Leben gekostet hatte. Ein ähnliches Motiv wie in der Harbardsljód finden wir auch im Nibelungenlied (Hagen am Fluß wirft einen Priester hinein, versenkt auch den Hort im Rhein).

Eines Abends bat ihn ein Knabe mit goldenen Locken, daß er ihn über das Wasser trage. Freundlich hob Christophorus ihn auf die Schultern und stieg in die Flut; aber mit jedem Schritt schwoll das Wasser höher und höher, das Knäblein wurde schwerer und schwerer zur erdrückenden Last. Schweißtriefend und keuchend erreichte er endlich das andere Ufer: "Kind, was Wunder ist's mit dir? Mir war, als trüge ich die ganze Welt". Das Knäblein lächelte: "Mehr als die Welt - du hast den getragen, der Himmel und Erde erschaffen. Deine Sünden sind dir vergeben, sei nun mein Apostel und zum Wahrzeichen wird dein eiserner Stab blühen. So geschah es, und er hieß fortan Christusträger =Christophorus<

In diesem Theil der Legende finden wir verschiedene heidnische Motive, einmal eine Art Aufhocker, der meist unerwünscht auf einen ahnungslosen Menschen aufhockt und sich schwer macht. In zahlreichen Sagen gibt es Berichte über solche Art böser Geister.
Dann den Gedanken von Thórr, der den Orendil (Groas Mann) in seiner Kiepe trägt; ein Zeh schaute hinaus und war erfroren, Thórr brach ihn ab und warf ihn an den Himmel. Noch heute ist er im Sternbild "Krone" (Orvendils Zehe) zu sehen.
Der Knabe mit dem goldenen Haar ist der junge Sonnengott; der Sonnengott hat aber thatsächlich Verbindungen zum Donnergott; diese sind noch in den baltischen Mythen erhalten.
Zuletzt erinnert die Legende auch an den Titan Atlas, der die Erdkugel trägt (griechische Mythologie).
Ich vermuthe, daß man den Jesusknaben ganz bewußt und absichtlich auf den Donnergot heraufsetzte, um damit die Überlegenheit dieses neuen Gottes über den im Volke so beliebten Donar zu verdeutlichen. Gleichzeitig wird Donar so als Diener dieses neuen Gottes eingespannt. Die Menschen im Mittelalter konnten ja meist gar nicht lesen. Wenn sie in eine Kirche gingen, und ein Wandbild mit Christophorus und dem Jesusknaben sahen, dann erkannten sie natürlich Donar, der wie ein Sklave seinen Überwinder tragen muß. Die Sache wird noch verschärft, weil Jesus nur als Knabe erscheint. Die Botschaft lautet: Selbst als Knabe ist Jesus immer noch stärker, als der Donnergott.
In einer Fassung sind es übrigens alle Sünden der Welt, die den Jesusknaben so schwer machen.

Christopherus ist ein christlicher Ersatz für den Gott Donar, wie dieser ist er hochgewachsen und rothaarig. Christopherus trägt Wanderer über den Fluss, genau wie Donar/Thorr den Oervandil hinüberträgt. Auch bewahrt er wie der germanische Gott vor Hagel, Dürre, Seuchen, Hungersnot und Pest, schützt vor Donner und Blitz. Der Heiligentag am 25. 7. entspricht genau dem alten Thorsfest, dem Leinerntefest.


Christophorus wird gegen einen unvorbereiteten Tod angerufen, sah man sein Bild am Morgen an, glaubte man den ganzen Tag vor Übel bewahrt zu sein. Nach der Legende erbat Christophorus vor seinem Tode von Gott für seine Verehrer sichere Hilfe gegen Todesgefahr. Er ist Patron der Reisenden, der Lastträger, der Seeleute, Kraftfahrer und Luftschiffer, schützt auch Gärtner, Obsthändler (weil sein Heiligentag mit dem des hl. Jakobus zusammenfällt und dort die Äpfel kirchlich geweiht wurden), Kinder, schwangere Frauen, Buchbinder, Färber, Hutmacher und Zimmerleute, also viele Handwerker, ähnlich wie Donar. Auch der plötzliche, unvorbereitete Tod ist Donar unterstellt, und daß "Ökuthórr" (Fahr- oder Wagen-Thórr) auch Gott der Reisenden ist, weil Er ja selbst so viele Ostlandfahrten macht, ist bekannt.

Da wundert es dann auch nicht weiter, daß Christophorus gegen Blitz, Gewitter, gegen Hagel und Dämonen hilft, also Dinge, die Donar unterstellt sind. Christophorus hilft auch noch gegen Pest, epidemische Krankheiten, Hungersnot und alle Wassergefahren. Donar hilft gegen Krankheiten wie z. B. die Pest, und Donar hilft auch bei Wassergefahren (der Bezug zum Wasser und zu den Flüssen). Nach der Legende soll Christophorus vor seiner Hinrichtung gebetet haben, daß das Land seiner Ruhestäte vor Hagel, Dürre, Überschwemmung, Hungersnot und Pest bewahrt werde. Eine Stimme von oben habe dann die Erfüllung der Bitte zugesichert.
In Gebeten, Segen und Zaubersprüchen wird Christophorus gegen Unwetter, gegen Räuber, Wölfe und alle Gefahren, gegen Fieber und Augenkrankheiten angerufen. Gerade der Bezug zu den Augen erinnert an Donar, dessen stahlende, funkelnde Augen in der Thrymsqvida erwähnt werden. Ein norwegisches Lied hat die Strophe:

>Thórr läßt Wasser springen am Grund -
Das heilt einen Blinden zu selben Stund'<
Aber die fromme Legende versuchte, einen andern Grund zu finden: Von den Pfeilen, mittels deren Christophorus beschossen wurde, traf einer das Auge des Königs, der ihn zum Tode verurteilt hatte. Der Heilige riet dem König, von dem Blute, welches er (Christophorus) am nächsten Tag vergießen werde, einen Teig zu machen und damit das Auge zu bestreichen um es zu heilen. So geschah es auch.
Der Heiligentag 25. 7. (seit dem 10. Jh. bezeugt, heute auf den 24. 7. verschoben) liegt "zufällig" genau in dem Bereich, wo man das hochsommerlche Opfer an Donar zelebrierte, das Leinernte- oder Hagelfest (celtisch: Lugnasad).

Ich habe das alles mal etwas ausführlicher erwähnt, weil gerade die Dinge, für die Christophorus angerufen wird, auch Dinge sind, für die man Donar anrief. Über den christlichen Ersatzheiligen kann man so noch Zuständigkeiten des Gotes finden, von denen wir sonst nichts wüßten.
 

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