Cataclysmus schrieb:
(...) nimmt mein Körper oder mein Geist irgendwie Schaden, wenn ich ein Gefühl runterschlucke?
Wichtig ist, dass Du die Situation innerlich Revue passieren lässt und so lange suchst, bis Du den Grund gefunden hast, der irgend ein innerliches Versagen, das mit Deinem tiefsten Seelengrund zusammenhängen würde, plausibel ausschließt. Ein solcher Grund findet sich
immer. Meistens ist man ja traurig, weil man den Eindruck hat, man könnte von irgendeinem Menschen gewissermaßen entmachtet worden sein, der nur in geistiger Gestalt auftritt und sich durch eine ganz bestimmte seelische Kälte, durch ein Verspotten deiner persönlichen Eigenart und durch ein unendliches Ignorieren und Totschweigen deiner intimsten Wünsche, (einem) anderen Menschen irgend etwas Gutes oder Schönes zu
schenken, auszeichnet. Und dann befürchtet man, dass diese Panne im Weltgeschehen sich womöglich als eine dauerhafte Störung des harmonischen Gleichgewichts im menschlichen Miteinander herausstellen könnte. Und zur Sicherheit will man dagegen eine Aggression entwickeln.
Das harmonische Gleichgewicht im menschlichen Miteinander ist aber nie wirklich gestört. Man kann innerlich
jederzeit aus freiem Entschluss schlicht und einfach in die Sphäre des reifen Abwägens, in die Sphäre des Seriösen und in die Sphäre des Wissenschaftlichen aufsteigen. Und dort wird sich in jedem einzelnen Falle herausstellen, dass Gejammere nichts bringt, dass man Handlungsmöglichkeiten hat und dass die scheinbar unharmonischen Dinge, die man erlebt hat, in Wirklichkeit nur Teil eines großen und - erstaunlicher Weise - eigentlich
immer auch unglaublich
lustigen Weltenplans sind. Deshalb sind
Aggressionen für das Leben des Menschen nicht nötig. Man sollte sie immer sofort ausschalten, indem man entweder in Gedanken oder - wenn möglich - in Worten einen fröhlichen und entschlossenen innerlichen Säbelhieb gegen den oben genannten vorgestellten geistigen Widersacher vollführt. Auch ein ungezwungenes
Verspotten dieses Widersachers und niedriger Beweggründe bei Mitmenschen ist immer zu empfehlen. (Dabei muss man aber natürlich die größte Sorgfalt walten lassen, die man sich nur denken kann, wenn es darum geht, herauszufinden, ob bei irgendeinem Mitmenschen wirklich niedrige Beweggründe vorliegen. Also lieber immer erst einmal den Mund zu lassen, bevor man sich lächerlich macht. [Das ist sowieso, auch in anderen Situationen, stets zu empfehlen!]) Dadurch verwandelt man die schädlichen (mit einem Fremdwort: aggressiven) traurigen und verzagten (mit Fremdworten: melancholischen und phlegmatischen) Empfindungen (die man eigentlich nur Kindern nachmacht) gewissermaßen in einen fröhlichen Kriegsruf. Weinen aus Trauer ist bei Erwachsenen etwas Schlechtes und Falsches und zu Vermeidendes. Man sollte sich geistig so weit schulen, dass man irgendwann dazu kommt, (womöglich sogar ziemlich spontan) vor
Freude zu weinen.
Gewalt gegen Sachen aus Wut ist eigentlich das Gleiche wie ein Herunterschlucken der Wut. Die Wut darf sich nie
destruktiv (bzw. aggressiv) auswirken. Gewalt gegen Sachen aus Wut ist etwas Hochgefährliches. Wer sich entschließt, irgendetwas kaputtzuschlagen, muss sich vorher vergewissern, dass er
absolut nüchtern im Kopf ist, und muss sich auch innerlich die Gründe auseinanderlegen, die es - gewissermaßen
politisch, denn Gewalt ist
immer etwas Politisches - erzwingen, dass er die betreffenden Dinge zerstört. Es muss sich auch
lohnen, diese Dinge zu zerstören. Das gefährdete Gut muss natürlich auch größer sein als das zerstörte. Wenn es das ist und wenn die Zerstörung der Dinge ein
unvermeidbares und
geeignetes Mittel ist, um das gefährdete Gut zu schützen, geht man nach der Zerstörung der Dinge sogar
straffrei aus; ja, das tut man sogar, wenn man nur in dem
Glauben war, dass die Zerstörung der Dinge ein unvermeidbares und geeignetes Mittel ist, um das gefährdete Gut zu schützen (natürlich muss man aber auch
wirklich in dem Glauben gewesen sein; und dass kann man nur sein, wenn man mit seinem Glauben auch richtig liegt). In dieser Beziehung kann ich Dir aber gleich sagen, dass man zum Kaputtschlagen von Dingen in unserem Staat nur dann greifen sollte, wenn wirklich
außerordentlich wichtige Dinge gefährdet sind. Denn unsere Psychiater machen sich für gewöhnlich nicht die Mühe, herauszubekommen, ob ein Zerstörer von Dingen bei seiner Tat durcheinander (aggressiv) war oder nicht, sondern berufen sich gern darauf, dass sie nicht hellsehen können (also praktisch darauf, dass es keine psychiatrischen Erkenntnismöglichkeiten, also keine Psychiatrie gebe - und vielleicht haben sie damit ja auch Recht) und für alle Fälle mal davon ausgehen müssten, dass er durcheinander (aggressiv) gewesen sei, und geraten von diesem sicheren Weg schnell ab, indem sie sogar nicht einmal rein äußerlich überprüfen, ob wirklich irgendein Gut gefährdet war. Dadurch besteht, wenn man etwas zerstört, nicht nur die Gefahr, dass man ins Gefängnis kommt (was ja nicht schlimm ist, solange einen kein Mitgefangener vergewaltigt [was aber vorkommt]), sondern sogar in die Psychiatrie; und das ist durch bestimmte Medikamente zumindest vorübergehend eine merkbare Gefahr für die Gesundheit und eine hohe Gefahr fürs Wohlbefinden.